Noch einiges Wissenswertes zum
Restnutzungsdauer-Gutachten:
Zum Thema Restnutzungs-Gutachten sind vier juristische Entscheidungen maßgebend:
1. Urteil BFH vom 28.07.2021
Mit Urteil vom 28.07.2021 hat der Bundesfinanzhof (BFH, Az: IX R 25/19) entschieden, dass nicht mehr alleine ein (teures) Bausubstanzgutachten notwendig ist, um eine kürzere Restnutzungsdauer nachzuweisen als diejenige, die das zuständige Finanzamt nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG angesetzt hat. In dem Schreiben heißt es:
„Der Steuerpflichtige kann sich zur Darlegung der verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) jeder Darlegungsmethode bedienen, die im Einzelfall zur Führung des erforderlichen Nachweises geeignet erscheint; erforderlich ist insoweit, dass aufgrund der Darlegungen des Steuerpflichtigen der Zeitraum, in dem das maßgebliche Gebäude voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann, mit hinreichender
Sicherheit geschätzt werden kann…Die Vorlage eines Bausubstanzgutachtens ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer.“
Vorausgegangen war eine Klage eines Steuerpflichtigen gegen das zuständige Finanzamt.
2. Urteile der Finanzgerichte Münster und Köln bestätigen das Urteil des BFH
In Urteilsbegründungen der Finanzgerichte Münster vom 27.01.2022 (1 K 1741/18 E) und Köln vom 23.03.2022 (6 K 923/20) wird das og. BFH-Urteil aufgegriffen und bestätigt. In beiden Urteilen wurden die jeweils von nach DIN 17024 zertifizierten Sachverständigen oder von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellten Gutachten zum Nachweis der geringeren Restnutzungsdauer herangezogen.
3. Mitteilung des Bundesministeriums der Finanzen an die Obersten Finanzbehörden
Mit Schreiben vom 22. Februar 2023 (Geschäftszeichen: IV C 3 – S 2196/22/10006) weist das Bundesministerium unter Bezugnahme auf das Urteil des BFH darauf hin:
„Der Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG ist durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken oder von Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, zu erbringen…Ein Bausubstanzgutachten im Sinne des sog. ERAB-Verfahrens (Verfahren zur Ermittlung des Abnutzungsvorrats von Baustoffen) ist nicht zwingend erforderlich,…“
Jedoch führt das Bundesministeriums der Finanzen ergänzend aus:
„Die bloße Übernahme einer Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten ist nicht als Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 2 EStG geeignet. Auch der alleinige Verweis auf die Modellansätze für die Gesamtnutzungsdauer in Verbindung mit dem Modell zur Ermittlung der Restnutzungsdauer bei Modernisierungen nach der Anlage 1 und 2 der Immobilienwertermittlungsverordnung ist nicht ausreichend….“
Vielmehr, so das Bundesministerium, muss sich der Gutachtenzweck ausdrücklich auf den Nachweis einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer richten und zwingend auf die wesentlichen Einflussgrößen auf die Restnutzungsdauer eingehen. Dieses sind:
- der technische Verschleiß,
- die wirtschaftliche Entwertung sowie
- rechtliche Gegebenheiten, welche die Nutzungsdauer eines Gegenstands begrenzen können.
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